In den letzten Jahren fiel mir die aus dem burgenländischen Mattersburg stammende Anna Steiger immer wieder bei verschiedenen Veranstaltungen auf, weil sie sehr gescheite Sachen sagte nicht — nur zum Thema Frauenförderungen, aber eben auch dazu. Dann trafen wir einander wieder bei der Muslimischen Jugend Österreichs. Sie ist dort als Mentorin tätig und ihre Mentees gehören zu den erfolgreichsten muslimischen Frauen in Österreich. Ihre positive Ausstrahlung wirkt auch dort auf die jungen Frauen ansteckend. Bevor sie Vizerektorin der TU Wien wurde, war Anna Steiger Vizedirektorin der Akademie der Bildenden Künste in Wien. Dazwischen war sie bei der niederösterreichischen Volkshilfe zuständig für Personal und Arbeitsmarktpolitik, sie arbeitete in einer Unternehmensberatung ebenso wie in einer Anwaltskanzlei.
Die studierte Juristin begann an der Universität Wien mit Publizistik und Politikwissenschaft. Der Publizist Günther Nenning riet ihr jedoch „sich für etwas Gescheites“ zu entscheiden, Jus zum Beispiel. Dem Rat folgend, hat Steiger schließlich die Publizistik an den Nagel gehängt, umgesattelt und 1993 ihr Jus-Studium beendet. Bereut hat sie es nie.
Als 2011 Sabine Seidler als erste weibliche Rektorin an die Technische Universität in Wien berufen wurde, wurde Anna Steiger dort Vizerektorin und übernahm die Bereiche Personal und Gender. Als solche ist sie unter anderem für die Umsetzung des Frauenförderungs- und Gleichstellungsplans zuständig. Weitere Schwerpunkte sind Betriebliche Gesundheitsförderung und ArbeitnehmerInnen-Schutz sowie Anliegen von Menschen mit besonderen Bedürfnissen.
Die Vizerektorin der TU Wien ist darüber hinaus Mitglied des Dachverbandes österreichischer Universitäten und Senatsvorsitzende der Stipendienstelle Wien. Zusätzlich ist sie im ExpertInnenrat von Social City Wien vertreten.
Anna Steiger erhielt 2018 das Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien und 2019 den Frauenpreis der Stadt Wien. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Warum Frauenförderung an der TU nicht gut ankommt und es dennoch mehr Gleichstellung braucht?
„Als ich 2011 an die TU kam, hat die Uni schon darum gekämpft, dass sich mehr Frauen für Technik interessieren, dass mehr Frauen an der TU arbeiten, aber auch studieren. Der Begriff Frauenförderung ist damals schon nicht gut angekommen an der TU. Man darf ja nicht vergessen, wir haben hochausgebildete, wahnsinnige gescheite Frauen, die dort arbeiten. Viele von denen haben gesagt, bitte Frauenförderung? Ich muss doch nicht gefördert werden! Dann haben wir uns entschlossen, gehen wir in Richtung Gleichstellung und haben uns – ohne uns wirklich viel zu überlegen – für den englischen Begriff GENDER entschieden. Jetzt ist das bei uns eine eingeführte Marke.“
„Wir schauen an der TU, dass wir die Frauen nicht verlieren, sondern dass wir sie an der Uni behalten. Wir haben leider an Österreichs Universitäten eine hohe Drop-Out-Rate, weil man hier wirklich viel machen muss, es wird viel verlangt und man muss sich vor allem selbst organisieren. Das fällt vielen nicht leicht.“
Über Feminismus sagt sie:
„Feminismus ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Da muss ich gar nicht drüber nachdenken und möchte das auch nicht definieren. Feminismus bedeutet für mich Emanzipation, Gleichstellung von Frauen und Männern.“
Und zum Thema Quote hat sei eine klare Haltung:
„Ich bin eine große Verfechterin der Quotenregelung. Fast die Hälfte aller österreichischen Unis sind mit RektorINNEN besetzt. Hätten wir die Quote nicht, wären wir nicht dort, wo wir jetzt sind.“